Edith Kraus wurde am 16. Mai 1913 in Wien geboren. Ihre Eltern waren Tschechen; im Alter von sechs Jahren übersiedelte sie mit ihrer Familie nach Karlsbad, dem heutigen Karlovy Vary, wo sie den ersten Klavierunterricht erhielt. Schon bald zeigte sich ihre außerordentliche Begabung; bereits mit 11 Jahren trat sie mit dem Karlsbader Orchester als Solistin in Mozarts c-Moll-Konzert auf, im Jahr darauf im 3. Klavierkonzert von Beethoven.
Im Jahr 1926 schickten ihre Eltern sie zum Studium nach Berlin. Sie spielte Artur Schnabel vor und wurde seine jüngste Schülerin. In den kommenden vier Jahren begegnete sie in Berlin Pianisten und Dirigenten, die zu den größten Künstlern dieser Zeit gehörten und heute Legenden sind: Furtwängler, Klemperer, Kleiber, Walter, Rachmaninoff, Horowitz. Nach der Abschlußprüfung ging Edith Kraus nach Prag und begann von dort aus ihre Karriere als Konzertpianistin.
1942 teilte Edith Kraus das Schicksal unzähliger jüdischer Künstler und wurde ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort nahm sie als Solistin und Begleiterin am umfangreichen Musikleben teil. Viktor Ullmann vertraute ihr 1943 die Uraufführung seiner 6. Klaviersonate an. Edith Kraus blieb in Theresienstadt bis zur Befreiung im Frühjahr 1945.
Nach Kriegsende kehrte sie nach Prag zurück und setzte ihre Konzerttätigkeit fort. 1949 wanderte sie nach Israel aus und wirkte neben Konzerten und Rundfunkaufnahmen viele Jahre als Klavierpädagogin an der Ruben Academy in Tel Aviv sowie in den USA und Kanada.
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