EDA 49: Krzysztof Meyer: Works for Violin and Piano | Two Solo Violin Sonatas
V Meyer – Geigen-Krämchen op. 55, 7 pieces for violin and piano (1981) Bitte wählen Sie einen Titel, um hineinzuhören
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I Meyer – Capriccio interrotto op. 93 for violin and piano (2000)
01 Capriccio interrotto
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II Meyer – Sonate No. 1 op. 36 for solo violin (1975)I Meyer – Capriccio interrotto op. 93 for violin and piano (2000) 01 Capriccio interrotto 02 I [without indication]
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II Meyer – Sonate No. 1 op. 36 for solo violin (1975) 02 I [without indication] 03 II [without indication]
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III Meyer – Misterioso op. 83 for violin and piano (1994)II Meyer – Sonate No. 1 op. 36 for solo violin (1975) 03 II [without indication] 04 Misterioso
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IV Meyer – Sonate No. 2 op. 133 for solo violin (2018, dedicated to Kolja Lessing)III Meyer – Misterioso op. 83 for violin and piano (1994) 04 Misterioso 05 Poco rubato
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IV Meyer – Sonate No. 2 op. 133 for solo violin (2018, dedicated to Kolja Lessing) 05 Poco rubato 06 Feroce
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IV Meyer – Sonate No. 2 op. 133 for solo violin (2018, dedicated to Kolja Lessing) 06 Feroce 07 Lento – Feroce
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V Meyer – Geigen-Krämchen op. 55, 7 pieces for violin and piano (1981)IV Meyer – Sonate No. 2 op. 133 for solo violin (2018, dedicated to Kolja Lessing) 07 Lento – Feroce 08 Moderato
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V Meyer – Geigen-Krämchen op. 55, 7 pieces for violin and piano (1981) 08 Moderato 13 Allegretto
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V Meyer – Geigen-Krämchen op. 55, 7 pieces for violin and piano (1981) 13 Allegretto 14 Allegro
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V Meyer – Geigen-Krämchen op. 55, 7 pieces for violin and piano (1981) 14 Allegro Kolja Lessing im Gespräch mit Krzysztof Meyer KL: Lieber Krzysztof, in Deinem facettenreichen Werkverzeichnis, das alle Gattungen umfasst, zeigt sich eine sehr früh ausgeprägte Affinität zur Streicher-Kammermusik. Was sind die Wurzeln dieser lebenslangen kreativen Faszination? KM: Das häusliche Musizieren wurde in meiner Familie gepflegt, und meine Großmutter organisierte regelmäßig Hauskonzerte. Meine ersten musikalischen Eindrücke waren kammermusikalischer Natur, was mein Interesse an der Welt der Klänge maßgeblich förderte. Im Freundeskreis meiner Großmutter gab es, soweit ich mich erinnern kann, ausschließlich Streicher – das ist wahrscheinlich der Grund, warum ich mich so früh für diese Instrumente interessierte, obwohl ich nur Klavier spielte. KL: Hattest Du auch als Pianist früh Gelegenheit mit Streichern zusammenzuarbeiten? Welche Anregungen bzw. Erfahrungen hast Du aus Deiner vielfältigen kammermusikalischen Praxis als Pianist für Dein Komponieren gewonnen? KM: Als ich noch in der Grundschule war, freundete ich mich mit einem Kollegen an, der ein talentierter Geiger war. Ich komponierte für ihn Stücke für Geige und Klavier, die wir gemeinsam aufführten, einige Male sogar öffentlich. Später, als ich an der Musikhochschule in Krakau studierte, gründete ich mit meinen Freunden ein Ensemble, übrigens mit einer variablen Besetzung. Ich weiß noch, mit welcher Leidenschaft und Liebe wir die Trios von Beethoven und Brahms geübt haben, auch das Klavierquintett von letzterem. Wir sind nie öffentlich aufgetreten, aber es war für uns alle ein großes Vergnügen, zu den Proben zusammenzukommen und die Stücke zu erarbeiten. Eine große Rolle in dieser Zeit, spielte außerdem einer der Violoncello-Professoren, der wollte, dass ich für seine Klasse Stücke für Cello-Ensembles komponiere. So schrieb ich mehrere Stücke: für zwei Violoncelli und Klavier, für drei Violoncelli, Pauken und Klavier, für Klarinette und vier Violoncelli und für fünf Violoncelli. Alle diese Stücke wurden von Studenten bei mehreren Gelegenheiten aufgeführt. KL: Vorliegende CD vereint Werke aus mehr als 40 Jahren und dokumentiert somit die spannende Entwicklung Deiner musikalischen Sprache bis in die Gegenwart. Zu Beginn dieser Chronologie steht die 1. Sonate op. 36 für Violine solo aus dem Jahr 1975. Was gab den Anlass zu dieser Komposition? Hast Du geigerische Beratung gesucht? Wer spielte die Uraufführung? KM: Die erste Sonate für Violine solo habe ich ohne Auftrag geschrieben. Ich betrachtete sie als eine Gelegenheit, die Möglichkeiten des Violinspiels zu erkunden. Beim Komponieren habe ich mich ständig mit dem zweiten Geiger des Wilanów-Quartetts beraten, dem ich viele wertvolle Bemerkungen und Hinweise verdanke. Die erste Interpretin war Jadwiga Kaliszewska, eine bekannte Geigerin und Professorin in Polen, die ein paar Jahre vorher mein 1. Violinkonzert aufgeführt hat. KL: Du hast einmal von Deiner frühen intensiven Auseinandersetzung mit Bartóks Sonata für Violine solo (1944) erzählt – einem epochalen Werk, das neue klangliche Wege beschreibt und doch wie fast alle Soloviolinkompositionen seit Reger auf Bachs Zyklus der Sei Solo BWV 1001–1006 verweist. In Deiner 1. Sonate op. 36 bewegst Du Dich indessen fernab jeder Bachrezeption: In welchem Verhältnis stehen die beiden Sätze zueinander? Wie würdest Du die stilistische Position in Deinem Oeuvre aus heutiger Sicht charakterisieren? KM: Als ich dieses Stück schrieb, nahm ich keinen Bezug auf die Musik der von Dir genannten Schöpfer. Damals habe ich vor allem intensiv an meiner eigenen Sprache gearbeitet. Es war noch ein frühes Stadium meines Nachdenkens über die Organisation von Tonhöhe, Dramatik, Farbmöglichkeiten der Geige usw. Was die Beziehung zwischen den einzelnen Teilen dieses Stücks angeht, so liegt das Wesentliche in dem Kontrast, der zwischen dem Arco- und dem Pizzicato-Spiel entsteht. Darüber hinaus besteht der erste Satz aus kleinen Episoden, die von Pausen unterbrochen werden, während der zweite Satz durch ein langatmiges Gespräch gekennzeichnet ist. KL: 1981 – mitten in einer politisch extrem angespannten Zeit in Polen – entstand Dein Zyklus Geigen-Krämchen op. 55 für Violine und Klavier: Was verbirgt sich hinter diesem Titel? Was war die Inspiration für diese sieben Miniaturen? Gibt es einen programmatischen Hintergrund? KM: Diese kleinen Miniaturen für Violine und Klavier haben nichts mit der politischen Situation zu tun, die 1981 in Polen herrschte. Ich habe sie für meinen damals achtjährigen Sohn geschrieben, der ein Jahr zuvor angefangen hatte, Geige zu spielen. Es sind sehr einfache Stücke mit pädagogischem Charakter, wenn auch, wie ich finde, abweichend von typischen pädagogischen Stücken für Anfänger. KL: Welche Bedeutung hat für Dich – und speziell in Deinem Schaffen – sogenannte "pädagogische Musik"? Gibt es von Dir weitere Beiträge zu diesem Genre? KM: Schreiben für Kinder ist eine besondere Aufgabe. Die Stücke müssen einfach und leicht sein, gleichzeitig sollten sie so verfasst sein, dass sie Kinder neugierig machen und zum Lernen anregen. Die Vorbilder für diese Art von Musik sind für mich die beiden Zyklen von Béla Bartók: Gyermekeknek und Mikrokosmos. Obwohl ich mich in meinen Stücken nicht direkt auf Bartók bezogen habe, hatte ich stets die Essenz dieser Werke vor Augen: Einfachheit kombiniert mit Originalität und einem eigenen Stil. Ich habe übrigens sehr wenig für Kinder komponiert: das Geigen-Krämchen für Violine und Klavier (für Anfänger) sowie die Sonatine (für Fortgeschrittene), für Klavier die Zauberbilder (ebenfalls für Anfänger) und die komplexere Kindersuite. Abgesehen davon gibt es noch eine Kinderoper – Die verzauberten Brüder, die in einigen Operntheatern inszeniert wurde (in Deutschland in Wuppertal). KL: Sowohl Misterioso op. 83 als auch Capriccio interrotto op. 93 entstanden 1994 bzw. 2000 als Auftragswerke für internationale Violinwettbewerbe. Hat diese spezielle Aufgabenstellung Einfluss auf Dein Komponieren? Welche Probleme, welche Chancen bieten sich in dieser besonderen Situation? KM: Die Organisatoren beider Wettbewerbe ließen mir völlig freie Hand bei der Wahl meiner Technik, der Art der Musik, des Schwierigkeitsgrads der Darbietung usw. Als ich Misterioso schrieb, wollte ich den Interpreten in erster Linie die Möglichkeit geben, einen schönen Klang und eine schöne Phrasierung zu präsentieren, um eine leicht unwirkliche Atmosphäre zu schaffen. Das Capriccio interrotto hingegen ist ein virtuoses Stück par excellence. Sein Charakter ist abrupt und sein Tempo meist schnell. Als ich es schrieb, hatte ich keine Lust, die Aufgabe, die ich mir vor dem Misterioso gestellt hatte, ein zweites Mal zu erfüllen. KL: Der Titel "Misterioso" verweist bereits auf den magischen, nocturneartigen Charakter dieser Miniatur, deren Anfang gleichsam improvisatorisch aus dem Nichts zu entspringen scheint. Wohl wissend um Deine stets ungemein akribische kompositorische Feinarbeit stellt sich mir hier doch die Frage, ob das Improvisieren am Klavier für Dich gelegentlich auch eine Inspirationsquelle darstellt? KM: Nein, der rhythmische Fluss und Charakter der Musik hat nichts mit Improvisation zu tun. Alles ist gründlich durchdacht, geplant und realisiert. Ich habe beide Stücke zu einer Zeit geschrieben, in der ich sehr an Fragen der rhythmischen Organisation interessiert war. Ich wollte nicht, dass meine Musik auf irgendwelchen einfachen, bekannten Mustern aus der Tradition basiert, sondern ich wollte meine Musik rhythmisch ganz anders organisieren. Daher das relativ häufige Auftreten von Quintolen, Septolen, mehreren komplexen Rhythmen gleichzeitig usw., aber keine Improvisation. KL: Misterioso und Capriccio interrotto stehen gewissermaßen antipodisch zueinander: Hast Du diesen kontrastierenden Charakter für das Capriccio interrotto von vornherein intendiert? KM: Wie schon angedeutet, wollte ich beim zweiten Mal ein Stück schreiben, das auch etwas Neues, Anderes darstellt, zudem eine weitere neue Erfahrung für mich bedeutet. KL: Spiel mit dem Spiel: Dein fulminantes Capriccio interrotto assoziiert im Titel zwei berühmte Sätze explizit unterbrochener Architektur – Claude Debussys Sérénade interrompue (aus: Préludes 1er livre) und Intermezzo interrotto aus Béla Bartóks Concerto for Orchestra. Gab es für Dich in Deinem Capriccio interrotto irgendwelche Bezugspunkte zu diesen historischen "Vorbildern", die ja – im Gegensatz zu Deinem Werk – ausgesprochen humoristisch bzw. grotesk geprägt sind? Welcher Dramaturgie folgt das Unterbrechungsmoment, wie läßt sich formale Gestaltung beschreiben? KM: Der Begriff im Titel "interrotto" hat weder mit Debussy noch mit Bartók etwas zu tun. Er bezieht sich auf die Form des Stücks und die Verwendung der arithmetischen Sequenzen. Nun, wie Du sicher bemerkt hast, besteht das Stück aus zwei Ideen, die sich ständig abwechseln. Sie werden nicht wortwörtlich wiederholt; der Unterschied liegt in ihrem Tempo und ihrer Länge. So erscheint zum Beispiel die erste Episode dreimal, aber jedes Mal ist sie kürzer. Die zweite Episode hingegen ist sehr langsam und wird mit jedem weiteren Erscheinen schneller und länger. Theoretisch wäre es möglich, diese Form noch weiter zu entwickeln, aber ab einem bestimmten Punkt würde sie ihren musikalischen Sinn verlieren: Die erste, immer kürzer werdende Idee hätte letztendlich nur eine einzige Note haben müssen, während die zweite ein unerreichbar schnelles Tempo und eine Länge bekäme, die dramaturgisch keinen Sinn mehr hätte. Ich musste also diese arithmetischen Sequenzen in einem gewissen Moment unterbrechen. Das habe ich getan, indem ich noch etwa ein Dutzend Takte eines Schlusses hinzufügte, die mit den beiden Grundideen nichts mehr zu tun haben. Daher der Begriff "interrotto". KL: Als besonderes Geschenk unserer Freundschaft hast Du mir 2018 Deine 2. Sonate op. 133 für Violine solo zugeeignet – ein großes, episches Werk, dessen drei Sätze sich jeweils aus einer einzigen Intervallkombination (kleine Terz und kleine Sekunde) zu entwickeln scheinen. Welches waren Deine Leitideen bei der Komposition dieser Solosonate? Welche instrumentspezifischen Aspekte spielten dabei eine Rolle? KM: Ich fürchte, dass ich diese Frage nicht genau beantworten kann. Im Gegensatz zum Capriccio interrotto gibt es in dieser Sonate nichts, was in wenigen Worten den Aufbau und die kompositionstechnischen Probleme erklären würde. So kommt es manchmal vor, dass ich an einem neuen Problem arbeite, dessen Lösung es mir erlaubt, einige weitere Stücke zu schreiben, ohne (noch) eine neue Erkundung zu unternehmen. Diese Sonate ist ein Stück, das ich für Dich geschrieben habe – in der Hoffnung, dass sie Dir Freude bereiten wird. Es ist Musik, die keiner besonderen Erklärung bedarf, die den Ausführenden die Möglichkeit gibt schönen Klang und technisches Können zu zeigen und Dramatik zu entwickeln. Wenn Du solche Ausdrucksmöglichkeiten in dieser Sonate findest und sie Dir Freude bereitet, dann bin ich einfach glücklich. KL: Zum Schluss noch eine grundlegende Frage, die weit über die hier eingespielten Werke hinausreicht: Welche Bedeutung hat Tonalität für Dich – namentlich für Dein gegenwärtiges Komponieren? KM: Die traditionelle Tonalität, die auf zwei Modi – Dur und Moll – oder anderen Skalen basiert, war mehrere hundert Jahre lang das Grundmaterial für die Organisation der Tonhöhen. Aus heutiger Sicht gehört sie bereits der Geschichte an, was nicht bedeutet, dass wir die Möglichkeiten der logischen Organisation der Beziehungen zwischen Tönen ganz aufgeben sollten. Im 20. Jahrhundert wurden viele Werke geschrieben, deren Töne streng organisiert waren, was jedoch wenig mit Tonalität zu tun hatte. Für mich ist nicht die Organisation als solche wichtig, sondern die Herstellung der Beziehungen zwischen den Klängen, die Spannungen aufbauen, die die Richtung der musikalischen Entwicklung andeuten. Daran arbeite ich seit vielen Jahren. KL: Vielen Dank, lieber Krzysztof, für Deine wunderbare Musik ebenso wie für diese Einblicke in Deine Komponistenwerkstatt! Januar bis März 2023
eda records | Kannegiesser, Maillard & Harders-Wuthenow GbR | Erkelenzdamm 63 | 10999 Berlin | Germany | info@eda-records.com
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