EDA 47: Crossroads
V: Alberto Ginastera – Puneña No 2 "Hommage à Paul Sacher" op. 45 (1976) Bitte wählen Sie einen Titel, um hineinzuhören
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I: Sándor Veress – Sonata per violoncello solo (1967)
II: Ursula Mamlok – Fantasy Variations for cello solo (1982) 6 With increasing excitement
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III: Marcel Mihalovici – Sonate pour violoncelle seul op. 60 (1949)II: Ursula Mamlok – Fantasy Variations for cello solo (1982) 6 With increasing excitement 8 Grave
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III: Marcel Mihalovici – Sonate pour violoncelle seul op. 60 (1949) 8 Grave 9 Allegro moderato
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III: Marcel Mihalovici – Sonate pour violoncelle seul op. 60 (1949) 9 Allegro moderato 10 Mosso
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III: Marcel Mihalovici – Sonate pour violoncelle seul op. 60 (1949) 10 Mosso 11 Molto adagio
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III: Marcel Mihalovici – Sonate pour violoncelle seul op. 60 (1949) 11 Molto adagio 12 Allegro non troppo
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IV: Ahmet Adnan Saygun – Partita "To the Memory of Friedrich Schiller" op. 31 (1955)III: Marcel Mihalovici – Sonate pour violoncelle seul op. 60 (1949) 12 Allegro non troppo 13 Lento
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IV: Ahmet Adnan Saygun – Partita "To the Memory of Friedrich Schiller" op. 31 (1955) 13 Lento 14 Vivo
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IV: Ahmet Adnan Saygun – Partita "To the Memory of Friedrich Schiller" op. 31 (1955) 14 Vivo 15 Adagio
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IV: Ahmet Adnan Saygun – Partita "To the Memory of Friedrich Schiller" op. 31 (1955) 15 Adagio 16 Allegretto
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IV: Ahmet Adnan Saygun – Partita "To the Memory of Friedrich Schiller" op. 31 (1955) 16 Allegretto 17 Allegro moderato
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V: Alberto Ginastera – Puneña No 2 "Hommage à Paul Sacher" op. 45 (1976)IV: Ahmet Adnan Saygun – Partita "To the Memory of Friedrich Schiller" op. 31 (1955) 17 Allegro moderato 18 Harawi
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V: Alberto Ginastera – Puneña No 2 "Hommage à Paul Sacher" op. 45 (1976) 18 Harawi 19 Wayno Karnavalito
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V: Alberto Ginastera – Puneña No 2 "Hommage à Paul Sacher" op. 45 (1976) 19 Wayno Karnavalito "In der Kunst gibt es keine Ausländer" (Brâncuși) Heimat und Zugehörigkeit, Exil und Fremde, Sesshaftigkeit und Migration sind Konstanten der Menschheitsgeschichte. Doch was bedeuten Geburt, Nationalität, Mutter- und Vatersprache, das kulturelle Umfeld der Kindheit, was bedeuten Erziehung, Prägung und Zuweisung zu einer Gruppe für ein Künstlerleben? Was macht eine Komponistin, ein Musiker aus den Erfahrungen der Emigration und wie wirken diese Erfahrungen auf das Werk? Als gebürtige Berlinerin mit einem vergleichsweise bescheidenen Migrationsradius – einen Teil meiner Ausbildung absolvierte ich in Frankfurt am Main, ein erstes Engagement führte mich an das Badische Staatstheater Karlsruhe – habe ich "die Fremde" erst spät, manchmal zufällig, dafür aber bewusst entdeckt. Meinem Lehrer der Jugendjahre, Prof. Gerhard Mantel, verdanke ich die ersten Blicke über die Grenzen der klassischen europäischen Musik, denn er brachte mir zahlreiche zeitgenössische Werke nahe: dazu gehörten auch Kompositionen des in Deutschland lebenden Koreaners Isang Yun, welche mich bis heute ununterbrochen begleiten und die ich mittlerweile in einer Gesamtaufnahme aller Werke für Violoncello und Klavier, Duo und Solo, gemeinsam mit dem Pianisten Holger Groschopp veröffentlichen konnte. Das weiterführende Studium an der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" bei Prof. Joseph Schwab, seinerseits aus Ungarn stammender Deutscher, gab das notwendige Handwerkszeug, sich der Musik aller Stilepochen und aller Traditionen zuwenden zu können, die im riesigen Violoncello-Repertoire zur Verfügung stehen. Eigentlich – denn zunächst war das vorbestimmte Ziel, in ein renommiertes Orchester aufgenommen zu werden. Ich hatte das Glück, Mitglied des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin zu werden: Das Heimweh nach meiner Heimatstadt war geheilt. Der Wunsch, einen Beitrag leisten zu können zur Wiederentdeckung vergessener Kompositionen, zum Neugierig-Machen des Publikums auf künstlerische, manchmal intellektuelle Herausforderungen – dieser Wunsch wird regelmäßig erfüllt und findet immer neuen Nährboden. Im Rahmen eines ergänzenden Studiums der Historischen Aufführungspraxis an der Schola Cantorum Basiliensis erfuhr ich aufs Neue, wie unendlich weit allein das Feld des eigenen instrumentalen Arbeitsbereiches ist und welch umfassender Bildung es bedarf, überhaupt urteilsfähig zu sein. Musik ist verletzlich und nicht vor Missbrauch gefeit. Ebenfalls gemeinsam mit Holger Groschopp entstand eine Aufnahme mit Werken für Violoncello und Klavier von Simon Laks, welcher aufgrund seiner jüdischen Abstammung nach Auschwitz deportiert wurde und dort die Leitung eines der Lagerorchester übertragen bekam. Laks, der sich 1926 in Paris niedergelassen hatte und nach Kriegsende dorthin zurückkehrte, konnte die Musik vor dem allerschlimmsten Missbrauch nicht bewahren, verdankte ihr aber buchstäblich das Überleben. In ihrer unvergleichlichen Eigenschaft, aus den Übergängen und Zwischenräumen immer wieder neu zu entstehen und scheinbar Fremdes miteinander verschmelzen zu lassen, kann Musik den Menschen beim Überschreiten von Grenzen den Weg weisen: Das Programm dieser CD vereinigt fünf Werke von einer Komponistin und vier Komponisten – nah beieinander im Zeitraum der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, nah beieinander durch das gemeinsame Schicksal eines von Wanderung, Auswanderung, und Flucht geprägten Lebensweges; nah beieinander auch in der offensichtlichen Nicht-Zugehörigkeit zur in jener Zeit tonangebenden musikalischen Avantgarde. Und es vereint sie die preziöse Individualität, mit der sie die "unerschöpfliche Vielfalt zwischen den Welten" (Christoph Schlüren) in ihren Werken illustrieren. Mein Dank gebührt Ursula Mamlok, die in den wenigen kurzen Begegnungen mein Selbstverständnis als Musikerin wesentlich beeinflusst hat – und Bettina Brand, die das persönliche Kennenlernen ermöglichte; damit auch der Dwight und Ursula Mamlok-Stiftung für die finanzielle Unterstützung zur Verwirklichung dieses Aufnahmeprojektes. Frank Harders-Wuthenow begleitete von der Idee bis zur Fertigstellung diese Aufnahmen mit nicht versiegender Inspiration, Lukas Kowalski mit Einfühlungsvermögen, großem künstlerischen Verständnis und humorvoller Motivation, Daniel Kogge und Yves Gateau mit geduldigem Verständnis für die Nöte meines beanspruchten Instrumentes (Gustave Bernardel, Paris 1899); Yigit Aydin vom Bilkent Saygun Center und Felix Meyer von der Paul Sacher Stiftung in Basel stellten wertvolles Bildmaterial und Quellen zur Verfügung. Ihnen allen sei ausdrücklich gedankt. Adele Bitter, November 2021
Alle auf diesem Album versammelten Komponisten haben im Laufe ihres Lebens ihre Heimat für längere Zeit verlassen. Dies geschah aus sehr unterschiedlichen Gründen: Den Rumänen Marcel Mihalovici und den Türken Ahmet Adnan Saygun zog es zum Studium nach Paris, wo sie prägende Eindrücke empfingen. Saygun kehrte in die Türkei zurück, Mihalovici blieb lebenslang in Frankreich, wo er während des Zweiten Weltkriegs aufgrund seiner jüdischen Herkunft untertauchen musste und in Verstecken überlebte. Der Ungar Sándor Veress wählte, obwohl im eigenen Lande zu hohem Ansehen gelangt, angesichts zunehmender politischer Repression den Weg ins schweizerische Exil. Auch für den Argentinier Alberto Ginastera wurde am Ende seines Lebens die Schweiz zur zweiten Heimat. Für Ursula Mamlok schließlich war die Emigration nach Amerika, die sie mit 16 Jahren auf sich nahm, die Rettung vor dem sicheren Tod, der ihr als Jüdin im nationalsozialistischen Deutschland gedroht hätte. Sie alle verbindet jedoch nicht nur das Überschreiten geographischer Grenzen. Mit den persönlichen Ortswechseln verbanden sich stets auch künstlerische Perspektivenwechsel, die die Komponisten ihr bisheriges Schaffen in anderem Licht sehen ließen. In der Fremde, die sich für die meisten von ihnen in eine neue Heimat verwandelte, erhielten sie neue Anregungen, lernten neue Ausdrucksmöglichkeiten kennen, was zu Veränderungen ihres Personalstils, teilweise zu regelrechten Stilwechseln führte. Die hier eingespielten Werke zeugen gleichermaßen von den Spannungen, die zwischen der Herkunft und dem Erworbenen auftreten können, als auch von den Möglichkeiten der Synthese. Die Werke Veress', Ginasteras und Mamloks sind auf unterschiedliche Weise von der Auseinandersetzung mit der Zwölftonmethode geprägt, die im Falle Veress' und Ginasteras auf eine Tonsprache trifft, die in der Folklore wurzelt. Saygun und Mihalovici überschreiten Grenzen anderer Art. Bei beiden steht als großes Vorbild Johann Sebastian Bach im Hintergrund. Die Kunst des deutschen Barockmeisters findet sich gleichermaßen in moderner Urbanität wie in den uralten Traditionen balkanischer und anatolischer Volksmusik gespiegelt. Die Errichtung des Eisernen Vorhangs nach dem Zweiten Weltkrieg teilte nicht nur Europa in zwei geographische und ideologische Lager, sondern setzte auch in den Biographien zahlreicher Künstler eine deutliche Zäsur. Für den Ungarn Sándor Veress wurde die politische Spaltung Europas nicht nur zum Anlass, ins schweizerische Exil zu gehen, sondern auch zum Ausgangspunkt einer stilistischen Neuorientierung. 1907 zur Welt gekommen, wuchs Veress in ein Musikleben hinein, das bereits wesentlich von den Ideen Béla Bartóks und Zoltán Kodálys geprägt war. Diese hatten mit ihrer wissenschaftlichen Erforschung der ungarischen Bauernmusik, aber auch der Volksmusik Rumäniens, der Slowakei und Kleinasiens, ein folkloristisch basiertes Stilideal begründet, das sich vom an deutschen Vorbildern ausgerichteten Stil ihres Lehrers Hans Koessler deutlich unterschied und den Komponisten der nachfolgenden Generation als Richtlinie diente. Auch Veress, der in der zweiten Hälfte der 20er Jahre in Budapest bei Bartók und Kodály studierte, wurde davon wesentlich geprägt. 1930 tat er es seinen Lehrern gleich und unternahm eine Reise in die rumänische Moldau, um die Musik der Tschangos, einer ungarischsprachigen Minderheit, zu erforschen. Die Arbeit mit Volksmusik sollte ihn fortan sein Leben lang begleiten, sei es als schaffender Künstler, Forscher oder Pädagoge. So arbeitete er ab 1935 zunächst unter Kodálys Leitung als Assistent, später als Nachfolger Bartóks an der Erstellung des Corpus Musicae Popularis Hungariae mit. Sein Ruf auf diesem Gebiet verbreitete sich auch außerhalb Ungarns, sodass er 1948 sowohl als Jurymitglied zum International Eisteddfod ins walisische Llangollen eingeladen wurde (eine Aufgabe, die er bis 1984 wahrnahm), als auch als offizieller Delegierter auf dem Kongress des International Folk Music Council in Basel erschien. 1945 war Veress der Kommunistischen Partei beigetreten, da ihm diese – kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs – die günstigsten Aussichten für den Wiederaufbau Ungarns zu eröffnen schien. Doch bereits während die Kommunisten in den folgenden drei Jahren schleichend die Macht an sich rissen, entwickelte Veress ihnen gegenüber eine immer größer werdende Skepsis. Ab 1947 plante er seine Emigration in den Westen. 1949 kehrte er nach einer Reise zu Aufführungen seines Balletts Térszill Katicza in Stockholm und Rom nicht in die Heimat zurück und begab sich in die Schweiz. Sein zunächst gehegter Plan, sich dauerhaft in den USA niederzulassen, scheiterte daran, dass man ihm dort – auf dem Höhepunkt des McCarthyismus – seine Mitgliedschaft in einer kommunistischen Partei verübelte. So blieb Veress bis zu seinem Lebensende in der Schweiz. Er erhielt aufgrund bürokratischer Hürden erst im Dezember 1991, keine drei Monate vor seinem Tod, die Schweizer Staatsbürgerschaft, fand allerdings bereits kurz nach seiner Übersiedelung Anschluss an das dortige Musikleben. Von 1950 bis 1981 unterrichtete er als Professor für Allgemeine Musikpädagogik und Komposition am Berner Konservatorium, zwischen 1968 und 1977 hatte er auch eine Professur für Musikethnologie an der Universität Bern inne. Veress blieb lebenslang der Volksmusik verbunden, die Volkstümlichkeitsideologie der kommunistischen Machthaber hatte ihn jedoch während seiner letzten Jahre in Ungarn in seinem Vorhaben bestärkt, das Land zu verlassen. Die größte Anregung, die der Westen dem Emigranten bot, war die Zwölftonmethode, die er ab den 50er Jahren in sein Schaffen integrierte. Vom Denken in folkloristischen, modalen Tonsystemen geprägt, ging Veress dabei allerdings undogmatisch vor und nutzte alle Möglichkeiten, der Zwölftönigkeit die latente Starre zu nehmen. Ein Beispiel seines freien Umgangs mit Zwölftonreihen bietet die Sonate für Violoncello solo, die er im Jahre 1967 für den Cellisten Mihály Virizlay komponierte, einen ungarischen Emigranten, der seit 1957 in den USA lebte und sich besonders für zeitgenössische Musik stark machte. Alle drei Sätze beginnen mit einem zwölftönigen Thema (im Finale versteckt sich die Reihe in den Eingangsakkorden und den zwei Tönen des folgenden Trillers), doch enthalten sie alle auch zahlreiche Passagen, in denen sich nicht alle zwölf Töne finden. Die häufige Interaktion von Quart-, Quint- und Sekundintervallen sorgt zudem für stetige tonale Zentrierung. Im "Dialogo" genannten Kopfsatz wird auf mehreren Ebenen dialogisiert: zwischen bewegteren und mäßigeren Tempi, zwischen hohen und tiefen Lagen, zwischen zwölftönigen und freien Passagen. Der "Monologo" des zweiten Satzes beginnt leise und steigert sich in der Mitte zu Tremolo-Eruptionen, die im Schlussteil zitternd nachklingen. Im rasanten "Epilogo" darf der Spieler das Tempo frei gestalten. Taktstriche finden sich nur um die Pizzikato-Stellen zu Beginn, in der Mitte und am Schluss. Das Leben Ursula Mamloks wurde frühzeitig von Migration bestimmt. 1923 als Tochter jüdischer Eltern in Berlin zur Welt gekommen, erlebte sie als Kind, wie die Nationalsozialisten Juden das Recht absprachen, in Deutschland ihre Heimat zu sehen und sie schrittweise aus dem gesellschaftlichen Leben verbannten. Dass Ursula Levi bis zum 16. Lebensjahr regulär die Schule besuchen durfte, verdankte sich allein der Tatsache, dass ihr Stiefvater als ehemaliger Weltkriegssoldat zunächst von Entrechtung und Verfolgung verschont wurde. Doch 1938, im Jahr der Reichspogromnacht, schützte auch das nicht mehr. Im Februar 1939 bestieg die Familie ein Schiff, das sie nach Ecuador brachte. Eineinhalb Jahre verbrachte die angehende Komponistin in der wenig kulturelle Anregungen bietenden Hafenstadt Guayaquil. Von Anfang an hatte sie die Vereinigten Staaten als eigentliches Ziel ihrer Emigration betrachtet. Einige Kompositionen, die sie von Guayaquil aus an Clara Mannes, die Leiterin der Mannes School of Music in New York, schickte, gaben den Ausschlag, ihr zu einem Stipendium in den USA zu verhelfen. Da sie nur für sich selbst, nicht aber für ihre Eltern eine Einreisegenehmigung erhalten konnte, musste die 17-Jährige die Fahrt nach New York allein antreten. Erst 1941 war die Familie in Nordamerika wieder vereint. 1947 heiratete Ursula Levi den Kaufmann und Schriftsteller Dwight Mamlok, der später die Texte zu einigen ihrer Vokalwerke schrieb – auch er ein jüdischer Emigrant, der dem Zugriff der Nationalsozialisten 1939 knapp entkommen war. Das Ehepaar lebte zunächst in San Francisco, zog aber 1949 nach New York, wo Ursula Mamlok an der New York University, der Temple University (Philadelphia) und von 1975 bis zu ihrer Emeritierung 2003 als Professorin an der Manhattan School of Music Theorie und Komposition unterrichtete. Nach dem Tode ihres Mannes 2006 entschloss sich die Komponistin, nach Deutschland überzusiedeln. Als hochgeehrte Persönlichkeit des internationalen Musiklebens kehrte sie, fast sieben Jahrzehnte nach ihrer erzwungenen Emigration, nach Berlin, in die Stadt ihrer Kindheit, zurück, wo sie 2016 im Alter von 93 Jahren starb. Als Jugendliche hatte Ursula Mamlok bei Gustav Ernest, einem Schüler Philipp Scharwenkas, eine grundsolide Ausbildung in den traditionellen Kompositionstechniken des 19. Jahrhunderts genossen und konnte bereits zahlreiche eigene Werke vorweisen, als sie an der Mannes School weiterführende Studien bei George Szell begann. Je mehr sie sich allerdings mit den damaligen Tendenzen moderner Musik beschäftigte – Ernst Krenek und Eduard Steuermann machten sie mit der Musik Arnold Schönbergs vertraut –, desto mehr empfand sie die klassischen Traditionen als einengend. Sie beschäftigte sich mit zahlreichen Stilen, setzte ihre Studien bei so unterschiedlichen Lehrern wie Roger Sessions, Jerzy Fitelberg, Erich Itor Kahn, Vittorio Giannini, Stefan Wolpe, Gunther Schuller und Ralph Shapey fort, doch war sie erst 1961 davon überzeugt, zu einem persönlichen Ausdruck gefunden zu haben – zu einem Zeitpunkt, als ihr handwerkliches Können ihr bereits drei Kompositionspreise eingebracht hatte (1945, 1952, 1959). Fast alle reifen Kompositionen Mamloks machen von der Zwölftonmethode Gebrauch. Diese übernahm sie nicht von einem ihrer Lehrer, sondern entdeckte sie selbstständig für sich, und fand darin das Ausdrucksmittel ihres eigenen Stils. Mamlok beschränkt sich bei der Organisation ihrer Musik nicht streng auf die vier Erscheinungsformen einer grundlegenden Zwölftonreihe, sondern gewinnt durch diagonale oder spiralförmige Fortschreitungen innerhalb eines Reihenquadrats Tonfolgen, die neu, aber dennoch durch die Reihe vorgegeben sind. Die Fantasy Variations für Violoncello solo entstanden 1982 in einer sehr produktiven Schaffensphase. Das viersätzige Werk, das sich durch eine für Mamlok typische Knappheit der Aussage auszeichnet, knüpft an mehrere Stücke an, die die Komponistin in den 60er Jahren für Soloinstrumente schuf, setzt jedoch durch eine spielerisch gelöste Grundhaltung neue Akzente. Offensichtlich hat es Mamlok in dieser Komposition besonders gereizt, die klanglichen Möglichkeiten des Violoncellos zur Gestaltung imaginärer Dialoge zu nutzen. So entwickelt sich der erste Satz aus einem Dialog zwischen gestrichenen und gezupften Tönen heraus. Im langsamen Schlusssatz dialogisieren die hohen mit den tiefen Registern. Zwischen dem kontrastreichen Kopfsatz und dem zurückhaltenden, im ppp schließenden Finale, stehen zwei sehr kurze Sätze. Der zweite wirkt wie eine konzentrierte Variante des Kopfsatzes, der dritte steigert sich in immer raschere Figurationen hinein. Marcel Mihalovici bewegte sich innerhalb dreier Kulturräume. 1898 in Rumänien geboren, verbrachte er 66 seiner 87 Lebensjahre in Frankreich. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte er im deutschen Sprachgebiet zu hohem Ansehen. Die Grundlagen zu diesem Grenzen überschreitenden Leben wurden in seiner Kindheit gelegt: Mihalovici entstammte einem wohlhabenden Elternhaus und wuchs in Bukarest in kulturell anregenden Verhältnissen auf. Frühzeitig sprach er fließend Französisch und Deutsch, spielte auf der Violine bevorzugt die deutschen Klassiker, schwärmte aber vor allem von der Musik Debussys. Die Liebe zur französischen Kultur teilte er mit seinem großen Landsmann George Enescu, der ihm 1919 riet, in Paris Komposition zu studieren. So schrieb sich Mihalovici knapp 21-jährig als Schüler an der Schola Cantorum ein, wo er bis 1925 u. a. von Vincent d'Indy und Paul Le Flem unterrichtet wurde. In Paris fand er, der zeitweise als Maler dilettierte, auch abseits der Musik rasch Anschluss an Kreise moderner Künstler. Zu seinen engsten Freunden zählten der Bildhauer Constantin Brâncuși, die Tänzerin Lizica Codreanu und deren Schwester, die Bildhauerin Iréne Codreanu, alle drei ebenfalls aus Rumänien stammend. Im Umkreis des Musikverlegers Michel Dillard, der sich auf die Verbreitung von Werken ausländischer Wahlpariser spezialisiert hatte, machte Mihalovici die Bekanntschaft des Tschechen Bohuslav Martinů, des Ungarn Tibor Harsányi und des Schweizers Conrad Beck, die zusammen mit ihm von der Presse als "L'Ecole de Paris" oder "Groupe des Quatre" bezeichnet wurden – der von allen bewunderte Albert Roussel nannte sie "les constructeurs". 1932 war Mihalovici Gründungsmitglied der Gesellschaft für zeitgenössische Kammermusik Triton. In der Pianistin Monique Haas, die sich häufig an den Konzerten der Gesellschaft beteiligte, fand er seine Ehefrau und Muse, die ihn zu zahlreichen Klavier- und Kammermusikwerken inspirierte. Aufgrund ihrer jüdischen Abstammung konnten sich Mihalovici und Haas nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Paris 1940 nicht mehr sicher fühlen. Sie flohen in den unbesetzten Teil Frankreichs nach Cannes, wo sie gemeinsam mit den Schwestern Codreanu sehr zurückgezogen lebten. Als Mitglieder des Front national de la musique beteiligten sie sich ab 1942 aus der Verborgenheit heraus an Widerstandsaktionen gegen die Besatzer. Nach dem Krieg gelangte Mihalovici in den Zenit seiner Bekanntheit. Einerseits wurden seine Werke häufig im französischen Rundfunk gespielt, zum andern fand er ab 1950 durch seine Bekanntschaft mit Dirigenten wie Hans Rosbaud, Ferdinand Leitner, Heinz Zeebe, Paul Sacher und Erich Schmid, sowie dem in Kreisen der deutschen Nachkriegsavantgarde sehr einflussreichen Intendanten des SWF Heinrich Strobel, Anschluss an das Musikleben Westdeutschlands und der Schweiz. Regelmäßig standen nun, in Frankreich wie in den deutschsprachigen Ländern, seine Kompositionen auf Programmen von Festen zeitgenössischer Musik. Eine Annäherung an avantgardistische Versuche atonaler Stile verband sich damit jedoch nicht. Mihalovicis Sonate für Violoncello solo op. 60 entstand im Jahr 1949 für den Cellisten André Huvelin, einen engen Freund aus dem Umkreis der sogenannten Ecole de Paris. Huvelin hatte sich nicht nur für die Werke des Komponisten eingesetzt – beispielsweise hatte er 1946 an der Uraufführung der Sonate für Violine und Violoncello op. 50 mitgewirkt –, sondern war ihm 1944 auch ein Retter in der Not gewesen, als er Mihalovici und Haas in seinem Schloss in Mont-Saint-Léger (Franche-Comté) Unterschlupf gewährt hatte, nachdem die Gestapo von ihrem Versteck in Cannes erfahren hatte. In der Nachkriegszeit pflegten Mihalovici und seine Komponistenfreunde auf Huvelins Anwesen ein jährliches Treffen abzuhalten. In den fünf knappen Sätzen der Sonate zeigt sich Mihalovicis überlegener Sinn für tonale Zusammenhänge. Jeder Satz geht von einem anderen tonalen Zentrum aus. In sich geschlossen ist dabei nur das eröffnende Grave, das in c-Moll beginnt und endet. Allerdings wenden sich auch alle übrigen Sätze, ganz gleich, von welcher Tonart aus sie ihren Anfang nahmen, am Schluss nach c-Moll, das damit als Haupttonart des ganzen Werkes zu gelten hat. Innerhalb dieses Rahmens spielt sich ein modulatorisches Geschehen von hoher Ereignisdichte ab. Tonale Richtungswechsel bereits innerhalb einzelner Phrasen sind die Regel, auch wird ein traditionelles Kadenzieren mittels klarer Dominantharmonien vermieden, wodurch die Musik permanent in einem spannungsvollen harmonischen Schwebezustand gehalten wird. Dieser löst sich jeweils erst in den abschließenden c-Moll-Akkorden der einzelnen Sätze. Der 1907 geborene Ahmet Adnan Saygun gehörte zu den ersten türkischen Komponisten, die eine professionelle Ausbildung in Westeuropa genossen und blieb geistig doch zeitlebens in den musikalischen Traditionen seiner Heimat verwurzelt. Aufgewachsen in den letzten Jahren der osmanischen Herrschaft und den ersten der von Kemal Atatürk begründeten Republik, erlebte er frühzeitig tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen. So fällt in seine Jugend einerseits das 1925 im Zuge der kemalistischen Säkularisierung erlassene Gesetz über die Schließung der Derwisch-Konvente, von welchem der Vater des Komponisten, ein Mitglied des Mevlevi-Ordens, direkt betroffen war. Anderseits öffnete die Kulturpolitik des Staatsgründers dem jungen Ahmet Adnan, der bereits mit 17 Jahren als Musiklehrer arbeitete und gleichermaßen das Klavier wie die orientalische Kurzhalslaute Ud beherrschte, ungeahnte Möglichkeiten künstlerischer Weiterbildung. Zwar wurde westeuropäische Musik in der Türkei schon seit langem rezipiert (Giuseppe Donizetti hatte 1828 im Auftrag Sultan Mahmuts II. die Palastkapelle nach westlichem Vorbild reorganisiert und die abendländische Notenschrift eingeführt, der frankophile Sultan Abdülmecid I. ab 1839 das Klavier und die Pariser Salonmusik in der Istanbuler Oberschicht populär gemacht), doch erst unter Atatürk, dem dies ein Anliegen von höchster Wichtigkeit war, kam es zur Schaffung einer türkischen Kunstmusik in großen Formen auf Grundlage neuester abendländischer Errungenschaften. 1928 siegte Saygun in einem staatlichen Kompositionswettbewerb und erhielt ein Stipendium zur weiteren Ausbildung an der Schola Cantorum in Paris, wo er Komposition bei Vincent d'Indy studierte. Die Kurse Amédée Gastoués und Eugène Borrels schärften seine Sinne für die Gemeinsamkeiten zwischen gregorianischer und sufischer Musik. Nach seiner Rückkehr 1931 bildete Saygun selbst Musiklehrer aus. 1934 ernannte ihn Atatürk zum Dirigenten des Symphonieorchesters des Präsidenten. Eine gemeinsam mit Béla Bartók 1936 unternommene Forschungsreise durch Südostanatolien legte die Grundlage seines Rufes als führender türkischer Musikenthnologe seiner Zeit. 1946 wurde Saygun als Professor für Komposition ans Konservatorium von Ankara berufen. Sein im gleichen Jahr uraufgeführtes Oratorium Yunus Emre auf Verse des gleichnamigen türkischen Volksdichters brachte ihm schließlich den internationalen Durchbruch als Komponist. Sayguns musikästhetische Äußerungen lassen deutlich den Einfluss sufischer Gedanken erkennen. Die undogmatische Haltung, mit der er musikalischen Phänomenen gegenübertrat, sein Streben nach Erkenntnis, die Skepsis gegenüber den Moden des Tages, sind letztlich ein Erbe der Mevlevi, in deren Traditionen er hineingeboren wurde. Äußerst kritisch betrachtete er die modernen "Extreme des Ego" und das daraus resultierende "Bestreben, alles niederzureißen", "alles bis in seine Grundfesten [zu] erschüttern". Der Verabsolutierung des "Ich" stellte er eine Ästhetik der Integration entgegen. Er betrachtete es keineswegs als Sünde, von Einflüssen zu sprechen: "Um ein Heiliger zu sein, muss man durch schwere Prüfungen gehen, und diejenigen, welche die Prüfungen der Kunst durchleiden, werden nach ihren Scheichs Ausschau halten. Lasst uns die Einflüsse heilig halten." Die Partita für Violoncello solo op. 31 ist ein solch integratives Stück. Saygun komponierte das Werk 1955 "zum Gedächtnis Friedrich Schillers" im Auftrag des damals am Istanbuler Stadttheater tätigen Regisseurs Max Meinecke. Am 15. April desselben Jahres wurde es durch Martin Bochmann, Violoncello-Professor in Ankara, im Rahmen einer Gedächtnisfeier zum 150. Todestag des Dichters im Deutschen Generalkonsulat Istanbul zur Uraufführung gebracht, woraufhin Komponist und Interpret mit einer Schiller-Medaille ausgezeichnet wurden. Dem Titel zum Trotz handelt es sich um keine barockisierende Komposition. Die Cellosuiten Johann Sebastian Bachs dienen Saygun nicht als stilistischer, wohl aber als ideeller Anknüpfungspunkt. Wie dieser die barocke Tanzmusik kraft seiner Persönlichkeit veredelte, so verfährt Saygun hier mit melodischen und rhythmischen Topoi türkischer Volksmusik. Die modal basierten Melodien ornamentiert er ausgiebig mit chromatischen Schritten, und nur ein Satz (Nr. 4, mit seinen Siciliano-Anklängen der "westlichste" des Werkes) enthält keine Taktwechsel. Das Werk beginnt in C mit charakteristischen Dur-Moll-Wechseln. Im rhythmisch intrikaten zweiten Satz wandert das tonale Zentrum nach Des. In Nr. 3 (E) und Nr. 4 (G) dominiert der phrygische Modus. Das lebhafte Finale kehrt nach C zurück und schließt mit einem Rekurs auf die Eröffnung des Kopfsatzes. Auf die Frage, welche Qualität ihm an einem Kunstwerk die wichtigste sei, antwortete Alberto Ginastera mit: "Transzendenz". Es verwundert somit nicht, das sich sein eigenes künstlerisches Schaffen durch fortwährendes Überschreiten und Durchdringen von Räumen, Zeiten und Stilen auszeichnet – und es mag symbolisch erscheinen, dass er in der Schweiz während der Arbeit an Popol Vuh starb, einer symphonischen Reflexion über die Schöpfungsgeschichte der Maya. 1916 in Buenos Aires geboren, entwickelte Ginastera frühzeitig einen Blick für die Vielgestaltigkeit des Lebens und der Kunst. Er wuchs in der Hauptstadt eines aufstrebenden Einwanderungslandes auf, dem damals größten Ballungsraum Südamerikas, der Argentinien wirtschaftlich und kulturell völlig dominierte und durch seine internationalen Beziehungen den Blick nach Europa und Nordamerika lenkte. Einen starken Kontrast zum Leben der "Porteños" (wörtlich: Hafenstädter) bot die Pampa, das weite, flache, dünn besiedelte Hinterland, das Ginastera bereits in seiner Kindheit faszinierte, nicht zuletzt durch die keineswegs idyllischen Sagen, die sich um das Leben der Gauchos und Indios ranken. An die Pampa schließt in weiter Ferne die Puna an, das Hochland der Anden, das sich bis nach Peru erstreckt und damit auf die von den spanischen Eroberern ausgelöschte Hochkultur der Inka verweist. Diese drei geographischen Räume, ihre ebenso vielfältige wie widersprüchliche Kultur und ihre von Verwerfungen durchzogene Geschichte bilden den geistigen Hintergrund für Ginasteras Kompositionen. Von den Ereignissen der argentinischen Geschichte blieb seine Vita übrigens nicht unberührt: Während der Herrschaft Peróns, gegen den er opponierte, wurde er seiner Lehrämter enthoben; nach dem Militärputsch von 1966 unternahm er mehrere sehr lange Auslandsreisen und emigrierte schließlich 1971 in die Schweiz. Ginastera war der erste argentinische Komponist, dessen Musik internationale Verbreitung fand. Dabei hatte er seine gesamte Ausbildung in Buenos Aires durchlaufen und Nordamerika wie Europa erst 1945 bzw. 1951 als fertiger und angesehener Künstler betreten, der in seiner Heimatstadt bereits eine Professur bekleidete. Dennoch war er von Anfang an über die Entwicklungen in Europa im Bilde, verehrte Debussy und Strawinsky und fand in Béla Bartók ein Vorbild im Hinblick auf die künstlerische Gestaltung folkloristischer Musik. In den 1950er Jahren entdeckte er Alban Berg für sich, dessen an tonalen Zentren ausgerichtete Methode der Zwölftonkomposition große Bedeutung für sein eigenes Schaffen erlangte. Einem bestimmten Idiom oder Stil verschrieb sich Ginastera nie ganz. Die Wurzeln seines Schaffens in der argentinischen Folklore verleugnete er auch in späteren Jahren keineswegs, als er die meisten seiner Kompositionen auf Zwölftonreihen aufbaute. Sein Lebenswerk in Phasen einzuteilen, ist entsprechend wenig zielführend. Ginastera reagierte im Laufe seines Lebens auf eine Vielzahl von Einflüssen, die einander in seinen Kompositionen gegenseitig durchdringen, und wählte seine Stilmittel dem jeweils angestrebten Ausdruck gemäß. Puerto, Pampa und Puna haben Ginastera jeweils zu einer Reihe von Werken inspiriert. So entstanden um 1950 drei Kompositionen für unterschiedliche Besetzungen, die er Pampeanas nannte. Ihnen sollten in den 1970er Jahren drei Puneñas folgen, von denen er allerdings nur die dem Solo-Violoncello zugedachte Nr. 2 op. 45 vollendete. Offiziell wurde das zweisätzige Werk 1976 auf Anregung Mstislaw Rostropowitschs geschrieben, um Paul Sacher, den bedeutenden Schweizer Dirigenten und Mäzen, anlässlich seines 70. Geburtstags zu ehren, doch lässt sich ein wenigstens ebenso großer Einfluss auf die Entstehung der Cellistin Aurora Nátola zuschreiben, der zweiten Ehefrau des Komponisten, mit der er seit 1971 in Genf lebte. Ginastera verstand dieses "Gebirgsstück" als "Re-Kreation der Klangwelt des mysteriösen Herzens Südamerikas, welches das Inka-Reich gewesen ist". Des unwiederbringlichen Verlustes der präkolumbianischen Kulturen einschließlich des Großteils ihrer Musik war er sich stets bewusst. Er empfand ihren Einfluss auf sein Schaffen deshalb auch, im Gegensatz zum hispanoamerikanischen, "nicht als folkloristisch, sondern als eine Art metaphysischer Inspiration". Die Re-Kreation speist sich in der Puneña Nr. 2 aus verschiedenen Quellen. So findet sich als zweites Thema des einleitenden Harawi (Liebeslied) die "Metamorphose eines präkolumbianischen Themas aus Cuzco". Gebildet ist es allerdings aus jenen sechs Tönen, welche Sachers Namen, der dem ersten Thema zugrunde liegt (eS-A-C-H-E-Re [=D]), zur Zwölftonreihe ergänzen. Den zweiten Satz, einen lebhaften Wayno, charakterisierte der Komponist als "wilden, tumultartigen Karnevalstanz […] voller Rhythmen der Charangos und indianischer Trommeln, bunter Kostüme, Ponchos und Masken, sowie Maisschnaps". Auch hier findet sich das Sacher-Thema. Zahlreiche Takte des Satzes sind "pizzicato alla chitarra" zu spielen – ein Tribut an das hispanische Folkloreinstrument schlechthin. Norbert Florian Schuck
eda records | Kannegiesser, Maillard & Harders-Wuthenow GbR | Erkelenzdamm 63 | 10999 Berlin | Germany | info@eda-records.com
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